Demokratie – Ein Prinzip mit dem Freiheit und Gleichheit verbunden werden, bei dem jede/r eine Stimme hat und das die ganze Welt einen könnte. Doch ist die Welt in der wir leben wirklich noch durch die Demokratie verbunden? 2024 ist diese Frage von besonderer Bedeutung, denn dieses Jahr ist ein sogenanntes „Superwahljahr“. In 76 Ländern, mit einer Gesamtbevölkerung von ca. 4,2 Milliarden Menschen, werden im Jahr 2024 Wahlen veranstaltet. Dabei ist die Veranstaltung von Wahlen, welche bestimmte Bedingungen erfüllen, grundlegend für eine Demokratie und entscheidend für den Schutz demokratischer Prinzipien.
Inhalt
- Wahlen in Deutschland
- Landtagswahlen
- Landtagswahlen 2024 & Prognosen
- Bedeutung eines Eintreffens der Wahlprognosen
- Wahlen Weltweit
- Die Europawahl
- Präsidentschaftswahl in Russland
- Präsidentschaftswahl in den USA
- Wahlen und die Demokratie
- Grundsätze Demokratischer Wahlen
- Wie demokratisch sind Wahlen die 2024 stattfinden?
- Wieso ist es so wichtig das eigene Wahlrecht zu nutzen?
1. Wahlen in Deutschland
Alleine in Deutschland können Bürger:innen bei insgesamt 13 Wahlen über die politische Zukunft in ihrem Landkreis, Bundesland oder in Europa mit entscheiden. Für viele dieser Wahlen gibt es schon, auf Umfragen beruhende Prognosen oder sogar schon Wahlergebnisse. Dabei ist die Frage, was sich aus diesen Prognosen und Ergebnissen schließen lässt, besonders aktuell.
1.1 Landtagswahlen
Das Parlament Deutschlands, nämlich der deutsche Bundestag, ist das gesetzgebende Organ Deutschlands. Doch auch die 16 Bundesländer haben ihre eigenen Parlamente, welche in den meisten davon als Landtage bezeichnet werden. Die Abgeordneten, die in diesen Landtagen sitzen, werden von der Bevölkerung des jeweiligen Bundeslandes bei Landtagswahlen gewählt. Diese Wahlen finden alle 5 Jahre statt, wobei Bremen eine Ausnahme macht, da dieses als einziges Bundesland stattdessen alle 4 Jahre die sogenannte Bürgerschaft wählt.
1.2 Landtagswahlen 2024 & Prognosen
Im September diesen Jahres finden Landtagswahlen in drei Bundesländern statt: In Thüringen, Brandenburg und Sachsen. Aktuell besteht die Regierungskoalition in jedem dieser drei Bundesländer aus der SPD, dem Bündnis 90/Die Grünen und in zwei Fällen der CDU und in einem der Linken. Wirft man nun jedoch einen Blick auf Prognosen zu den anstehenden Landtagswahlen, ist eine ganz ander Partei in allen drei Umfrageergebnissen an der Spitze zu sehen: Die Alternative für Deutschland (AfD). Mit 25% oder mehr der Gesamtstimmen zeigen die Vorhersagen ganz eindeutig, wie groß die Wähler:innenschaft der AfD bei den Landtagswahlen 2024 sein könnte.
Dabei ist die Alternative für Deutschland eine, schon vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestufte Partei. In drei Bundesländern, in Sachsen, Sachsen-Anhalt und in Thüringen, ist sie sogar gesichert rechtsextrem. Wenn ihr dazu noch genaueres erfahren wollt, könnt ihr das hier.
1.3 Bedeutung eines Eintreffens der Prognosen
Aber was könnte eigentlich konkret passieren, wenn sich die Wahlprognosen bewahrheiten und die AfD eventuell sogar in die Regierung kommt? Wirft man einen Blick in das Grundsatzprogramm der AfD, so fallen drei Pläne besonders auf.
- „Bekenntnis zur traditionellen Familie als Leitbild“ & „Förderung der „Gender Forschung“ beenden“ sind Titel von Punkten des Grundsatzprogramms der AfD. Auf Grundlage der Formulierungen unter diesen Titeln, könnten Rückschritte im Bezug auf die Gleichstellung von Frauen und deren Dokumentation oder die Rechte von Minderheiten wie der LGBTQIA+-Community geschehen. Selbst wenn eine Landtagsregierung nicht die ausreichenden Möglichkeiten hätte, dies komplett durchzusetzen, kann sie dennoch Einfluss auf Bereiche wie Bildung nehmen. Somit besteht die Gefahr, dass dieses Gedankengut, auch wenn es nicht mit Gesetzen unterstrichen werden kann, in den Schulen oder Bildungseinrichtungen verbreitet werden könnte.
- „Rückführung – Schluss mit Fehlanreizen und falscher Nachsicht“ ist ebenfalls ein Titel eines Punktes des Grundsatzprogramms der AfD. Schon durch den Titel dieses Grundsatzprogrammpunktes wird deutlich, dass die AfD starke Veränderungen an der Asylpolitik vornehmen wollen könnte. Für Personen mit einem Migrationshintergrund könnte dies schwierigere Lebensumstände in Deutschland oder sogar eine Abschiebung ins Ausland bedeuten.
- Jurist:innen zufolge könnte die AfD auch juristischen Einfluss nehmen. Beispielsweise könnte sie in Thüringen neue Stellen für Richter:innen am Thüringer Verfassungsgerichtshof schaffen und diese mit AfD-nahen Personen besetzen. Eine weitere Einflussnahme wäre beim Landesamt für Verfassungsschutz möglich, falls dieses neu strukturiert oder unter eine neue Führung gestellt werden würde.
Bisher ist keine dieser Vermutungen gesichert und ebenso ist noch offen, ob die AfD tatsächlich stärkste Kraft bei den diesjährigen Landtagswahlen wird. Wie genau es weitergeht, wird erst nach den Wahlen im September genauer festzustellen sein.
2. Wahlen Weltweit
Die Zukunft unserer Demokratie entscheidet sich nicht bei uns allein. Vielmehr wird „unsere“ Demokratie – verstanden als „unsere“ Demokratie hier in Deutschland und Europa – nur in dem Maße glücken und gedeihen, wie die Demokratie auch weltweit glückt und gedeiht.
Zitat aus einer Rede von Bundeskanzler Olaf Scholz bei der Sommertagung „Die Zukunft unserer Demokratie“ des Politischen Clubs der Evangelischen Akademie Tutzing am 17. Juni 2022 in Tutzing
Nicht nur die Wahlen welche 2024 in Deutschland stattfinden können einen Einfluss auf die demokratische Entwicklung in unserem Umfeld haben. In diesem Jahr wird unter anderem auch in einigen der bevölkerungsreichsten Ländern der Welt gewählt, wie beispielsweise in den USA oder in Russland.
2.1 Die Europawahl
Zwischen dem 06. und dem 09. Juni 2024 fand die Europawahl in allen 27 Mitgliedsländern der EU statt. Mittlerweile sind die Auszählungen beendet und die Ergebnisse stehen fest. Dabei ist auffällig, dass die schon bei den Landtagswahlen klaren Tendenzen zu Parteien, die als rechts gelten, auch europaweit festzustellen sind:
- Deutschland – Die „Alternative für Deutschland“ (AfD) kommt auf 15,9% der Stimmen
- Belgien – Die „Vlaams Belang“ (VB) wird mit 14,5% der Stimmen stärkste Kraft
- Italien – Die „Fratelli d’Italia“ (FdI) wird mit 28,8% der Stimmen stärkste Kraft
- Niederlande – Die „Partij voor de Vrijheid“ (PVV) kommt auf 17,7% der Stimmen
- Österreich – Die „Freiheitliche Partei Österreichs“ (FPÖ) wird mit 25,4% der Stimmen stärkste Kraft
- Polen – Die „Prawo i Sprawiedliwość“ (PiS) kommt auf 36,1% der Stimmen
- Frankreich – Die „Rassemblement National“ (RN) wird mit 31,4% der Stimmen stärkste Kraft
Legt man den Fokus einmal auf das Ergebnis der AfD, ist ein so hoher Prozentwert besonders bei dieser Europawahl genauer zu betrachten. Denn die AfD hat sich schon zu Teilen gegen die EU positioniert. So war bereits die Rede von einem „Dexit“, also einem Austritt Deutschlands aus der Europäischen Union. Zudem kamen erst kürzlich mögliche Verbindungen des Spitzenkandidaten der AfD, Maximilian Krah, zu prorussischen Netzwerken oder zu China ans Licht. Sogar die ID-Fraktion der Europäischen Union schloss die AfD aus, nachdem auch noch verharmlosende Äußerungen zur nationalsozialistischen SS von Krah bekannt wurden. Mittlerweile ist Krah nicht mehr in der AfD-Delegation, wird jedoch trotzdem ins EU-Parlament einziehen.
2.2 Präsidentschaftswahl in Russland
Vom 15. bis zum 17. März 2024 fanden in Russland Präsidentschaftswahlen statt, und das Ergebnis wurde von vielen Politolog:innen schon vorhergesagt: Wladimir Putin befindet sich mittlerweile in seiner fünften Amtsperiode, welche für sechs Jahre andauert, was von vielen Seiten scharf kritisiert und misbilligt wird. Dieses Jahr soll die Wahlbeteiligung bei 74% und der Stimmanteil für Putin bei 87% gelegen haben. Allerdings gibt es an diesen Ergebnissen großen Zweifel.
Ein Teil der Wahlen, bei denen Putin 95% Zustimmung gewann fanden in Donezk statt, was völkerrechtlich zur Ukraine gehört. Somit sind diese Stimmen ungültig und unter völkerrechtswiedrigen Bedingungen entstanden. Die Opposition, welche sich gegen Putin und den Angriffskrieg auf die Ukraine aussprach wurde erst gar nicht zur Wahl zugelassen und Beamt:innen wurden unter großen Druck gesetzt für Putin zu wählen.
Außerdem gibt es aus bisherigen Wahlen Beweismaterial, welches zeigt, dass die Wahlen durch Manipulation der Wahlurnen, Mehrfachabstimmung und Indoktrinierung im Wahllokal nicht unter demokratischen Grundsetzen und somit nicht rechtmäßig durchgeführt wurden. Proteste wurden sofort von Sicherheitspersonal beendet und größtenteils strafrechtlich verfolgt. Dies führt zu großen Zweifeln an der Korrektheit der diesjährigen Wahl. Russland jedoch bestreitet jegliche Form von Komplikationen, sondern kritisiert Hackangriffe aus den USA und der Ukraine.
Innerhalb Russlands kam es zu großen Potesten, wie zum Beispiel „Mittag gegen Putin“, zu der Nawalny aufgerufen hatte, welche durch die Behörden jedoch untersagt und teilweise unterbunden wurden. Des Weiteren kam es auch zu Angriffen auf Wahlurnen und Wahllokale durch beispielsweise Farbangriffe und Molotow-Cocktails.
Auch in Deutschland wurden Zeichen gegen Putins erneuten Sieg gesetzt. Bundespräsident Steinmeier verweigerte dieses Jahr die Gratulation zum Wahlsieg, was aber unter anderem auch an den Cyberangriffen Russlands auf politische Einrichtungen und Unternehmen in Deutschland liegt. Nawalny‘s Frau, welche aus der Botschaft in Deutschland wählte, gab bekannt, dass sie gegen Putin gewählt und den Namen ihres Mannes auf den Wahlzettel geschrieben habe, der ein offener Gegner Putins war und unter unbekannten Bedingungen in einem Straflager ums Leben kam.
2.3 Präsidentschaftswahl in den USA
In den USA wird im November diesen Jahres abgestimmt, wer für die kommenden vier Jahre der Präsident werden soll. Dabei wird es sich, wie schon 2020, wieder zwischen Joe Biden, dem Präsidentschaftskandidaten der Demokraten und Donald Trump, dem Präsidentschaftskandidaten der Republikaner entscheiden. Letztes mal gewann Joe Biden die Wahl knapp. Donald Trump, welcher diesen Wahlsieg bis heute nicht anerkannt hat, war in den letzten Jahren wegen untgerschiedlichster Vorwürfe in den Medien present gewesen. Aufgrund dieser wurde sogar die Möglichkeit einer erneuten Kandidatur Donald Trumps in Frage gestellt. Mehr dazu könnt Ihr hier erfahren.
3. Wahlen und die Demokratie
Nach einem Einblick in einzelne, bestimmte Wahlen ist nun noch wichtig zu wissen, was überhaupt Grundlage für alle Wahlen ist oder sein sollte. Dabei sollte die Demokratie das sein, was uns alle vereint und was alle Wahlen gemeinsam haben. Aber ist das wirklich so? Wie schon bei den Präsidentschaftswahlen in Russland deutlich wurde, ist es das leider nicht. Damit Wahlen demokratisch sind, müssen sie bestimmte Grundsätze erfüllen und unter bestimmten Bedingungen stattfinden.
3.1 Grundsätze Demokratischer Wahlen
Es gibt fünf Grundsätze des Wählens, die durch Artikel 38 des Grundgesetzes in Deutschland für Bundestagswahlen festgeschrieben sind:
- Die Wahl muss allgemein sein. Das bedeutet, dass alle Bürger*innen der Bundesrepublik Deutschland (egal welches Geschlecht, welche Religion, welches Einkommen, etc.) wählen dürfen. Diese müssen allerdings das 18. Lebensjahr vollendet haben.
- Die Wahl muss unmittelbar sein. Das bedeutet, dass Wähler:innen die Abgeordneten direkt wählen und ihre Stimme nicht erst einer anderen Person geben, die dann für sie abstimmt.
- Die Wahl muss frei sein. Das bedeutet, dass die Wähler:innen in ihrer Wahlentscheidung nicht beeinflusst oder unter Druck gesetzt werden dürfen. Dazu gehört auch die Freiheit selbst zu entscheiden, ob man wählen möchte oder nicht.
- Die Wahl muss gleich sein. Das bedeutet, dass jede Stimme gleich viel wert ist.
- Die Wahl muss geheim sein. Das bedeutet, dass Wähler:innen ihre Stimmen unbeobachtet abgeben können und nicht zurück verfolgt werden kann, wer welche Stimme abgegeben hat.
Diese Grundsätze gelten in Deutschland. Vergleicht man diese mit anderen Ländern wird schnell klar, dass nicht überall solche Regeln gelten. In Belgien herrscht beispielsweise eine Wahlpflicht, welche die Freiheit der Entscheidung, ob man wählen, möchte nimmt. In den USA ist die Wahl nicht unmittelbar, da „Wahlmänner“ bestimmt werden, welche dann ihre Stimmen abgeben.
3.2 Wie demokratisch sind Wahlen, die 2024 stattfinden?
Um festzustellen, ob Wahlen demokratischen Grundsätzen entsprechen, werden unterschiedliche Einschätzungen vorgenommen. Eine davon ist der „Free and fair elections index“ (in deutsch: „Index der Freiheit und Fairness von Wahlen“). Dieser ist eine Messung, die zeigen soll, wie frei und fair Wahlen in bestimmten Ländern sind. Dabei ist der beste zu erreichende Wert 1 und der schlechteste 0. In Deutschland liegt dieser bereits seit der Wiedervereinigung 1990 bei guten Werten von 0.95 bis 0,99. Es gibt allerdings auch Länder deren Wert um einiges tiefer liegt und seit dem Jahr 1990 sogar noch abgefallen ist. Ein besonders aktuelles Besispiel ist dabei Russland welches 2023 nur noch auf einen Wert von 0.23 kam. Bei einer weiteren Einschätzung des „Freedom House“, kommt Russland nur auf 2 von insgesamt 100 Punkten und wird als „Consolidated authoritarian Regieme“ (in deutsch: „Konsolidiertes autoritäres Regime“) bezeichnet. Solche Ergebnisse unterstreichen nochmals, was für undemokratische Züge Länder und somit auch Wahlen aufweisen können.
3.3 Wieso ist es so wichtig, das eigene Wahlrecht zu nutzen?
Durch das alleinige Betrachten aller bisher erwähnten Punkte, könnte fast der Eindruck entstehen, dass gegen undemokratische Einstellungen fast nichts zu machen sei. Doch trifft dies absolut nicht zu. Der einfachste Weg unsere Demokratie zu schützen ist es, die Rechte, die uns diese gibt, zu nutzen und diese für die Demokratie einzusetzen. Hat man beispielsweise das Recht an einer Wahl teilzunehmen, dann kann man durch das Wählen einer Partei, die demokratische Grundsätze vertritt, einen großen Teil zum Schutz der Demokratie beitragen. Sich dieser Möglichkeit bewusst zu sein und sie zu nutzen, ist besonders in diesem Jahr, dem „Superwahljahr“ 2024, von sehr großer Bedeutung.