Wie lange sind Sie Lehrerin am Kippenberg-Gymnasium gewesen und wie viele Jahre davon waren Sie als stellvertretende Schulleiterin tätig?

Ich bin seit 2007 an dieser Schule und war die ganze Zeit auch stellvertretende Schulleiterin.

Welche Fächer haben Sie unterrichtet und was hat Ihnen daran am meisten Spaß gemacht?

Am Kippenberg-Gymnasium habe ich nur noch Naturwissenschaften in den Jahrgängen fünf und sechs und manchmal auch Bio in Jahrgang sieben unterrichtet. Mein zweites Fach ist Sport, das habe ich am Kippenberg aber nicht mehr unterrichtet, weil damals, als ich angefangen habe, genug Sportlehrer da waren. Außerdem wird das auch schwieriger, je älter man wird und so habe ich mir gesagt „Da können ja jetzt auch ruhig die Jüngeren ran!“

Was wird Ihnen am Schulalltag bzw. am Lehrerjob am meisten fehlen?

(sofort) Die Kinder, ganz klar! Das habe ich auch gemerkt, als in der letzten Zeit die ganze Interaktion mit den Kindern durch die teilweise schwarzen, teilweise angeschalteten Bildschirme in den Videokonferenzen verloren gegangen ist. Dass die Schüler:innen miteinander arbeiten können und den Unterricht mit Exkursionen etc. lebensnah zu gestalten, ist das, was mir für meinen Unterricht am wichtigsten ist.

Was war der lustigste oder schönste Moment den Sie hier erlebt haben?

(Lacht) Also ehrlich gesagt gab es ganz viele, aber ein besonders lustiger Moment, den vor allem auch die Lehrer:innen richtig gut fanden, war, als ich auf der Damentoilette im Lehrerzimmer eingeschlossen war. Das Schloss hat nicht mehr funktioniert, weswegen der Hausmeister mir eine Leiter reinreichen musste, über die ich nach draußen geklettert bin. Teile der Schulleitung standen da dann mit dem Handy und haben das Ganze festgehalten!

Schöne Erlebnisse habe ich immer ganz viele gehabt. Ich sage ja immer „Lehrerin sein ist der beste Beruf der Welt, weil wir jungen Menschen helfen, selbstständig zu werden“ und schöner kann es eigentlich nicht sein. 

Was hat Sie hier genervt und wenn Sie etwas verändern könnten, was wäre das?

Genervt haben mich die Enge in der Schule, die großen Klassen und überhaupt der Zustand der Schule. Da es unter anderem auch mein Resort war, sich um den Zustand der Gebäude zu kümmern, ist es mir besonders aufgefallen, dass man um jeden Euro kämpfen muss. Außerdem kam zunehmend der Eindruck auf, dass in Bremen die Gymnasien politisch nicht gewollt sind. Es kamen dann immer so Antworten wie „Ja, das sind privilegierte Schüler:innen aus privilegierten Stadtteilen, die brauchen nichts.“ Das finde ich schwierig. Ich würde mir wünschen, dass für Kinder, die schnell im Lernen sind, egal, wo sie herkommen, die Möglichkeit besteht, dass sie in ihrem Tempo lernen können. 

Welcher ist Ihr Lieblingsort in der Schule?

Am spannendsten finde ich, ehrlich gesagt, den Dachboden im Vietor-Haus, weil da noch ganz vieles aus den 50er und 60er Jahren liegt. 

Mein Zimmer hat mir aber auch immer gut gefallen! Toll finde ich auch den großen Schulhof mit dem Wäldchen, das ist etwas ganz besonderes!

Wie haben Sie die Veränderung der Schule im Laufe Ihrer Karriere erlebt?

Das ist eine ganz spannende Frage!

Ich weiß noch, dass ich mir damals zu Beginn meiner Berufstätigkeit für die Arbeit in der Schule in einem Berufsbekleidungsgeschäft eine orangefarbene Latzhose gekauft habe, weil wir darüber unsere Solidarität mit den Müllmännern und -frauen zeigen wollten. 

Damals, als ich als Studentin einen Lehrauftrag an der GSO hatte, haben sich alle in der Schule geduzt. Der Gedanke dahinter war, „wir sind alle auf einer Ebene, weil wir alle das Gleiche wollen“. Darum hatte das Kollegium auch beschlossen, den Knauf am Lehrerzimmer abzuschaffen und durch eine Klinke zu ersetzen, um den Schüler:innen den Zutritt zum Lehrerzimmer zu ermöglichen. „Die Schülerschaft braucht schließlich genauso Pausen wie die Lehrer:innen und soll in den gleichen schönen Sesseln sitzen können“, so der Gedanke dahinter. Im Laufe der Zeit wurde die Klinke dann aber doch wieder durch einen Knauf ersetzt, die Schüler:innen wurden aus dem Lehrerzimmer herausgehalten und es hat sich wieder eine gewisse Separation eingeschlichen, weil alle dann merkten, dass auch getrennte und geschützte Räume gebraucht werden.

Natürlich hat sich auch die ganze Technik geändert! Als ich in meiner Ausbildung war, da gab es etwas, das ihr heute überhaupt nicht mehr kennt, das waren sogenannte Ormig-Maschinen. Da konnte man mithilfe von Spiritus die Blätter, die man als Arbeitsblätter verteilen wollte, vervielfältigen. Wir haben zu Hause händisch oder mit der Schreibmaschine eine Druckvorlage erstellt und da gab es dann – das aufwendigste, was ich gemacht habe war ein Vierfarbdruck mit Rot, Grün, Schwarz und Blau – verschiedene Wachsfolien, die man unterlegen musste. Man zeichnete erst das, was man in blau zeichnen wollte nach, dann das, was man in Rot zeichnen wollte und so weiter. Dann hat man das ungefähr 80mal vervielfältigen können, danach musste eine neue Druckvorlage erstellt werden. Bis endlich die Digitalisierung in den Schulen Einzug gehalten hat, war also ein langer Weg!

Was ist Ihr erster Gedanke, wenn Sie an Ihre eigene Schulzeit denken?

Ich war auf einem Mädchen-Gymnasium, wo Jungen keinen Zutritt hatten. Von 60 Lehrkräften waren zwei männlich. Als ich meinen ersten Freund hatte, durfte er mich erst an der Grenze des Grundstücks begrüßen und ich wurde einmal sogar zur Direktorin gerufen, weil wir uns mit einem Kuss verabschiedet hatten. Da wurde ich befragt – mir war das endlos unangenehm – wie wir uns denn verabschiedet hatten und die Direktorin wollte alle Einzelheiten wissen. Sie hat dann gesagt, dass dies ein ganz schlechtes Vorbild für die Kleinen sei, wenn sich die Großen so unanständig benehmen. 

Wir durften auch keine Hosen tragen, bzw. nur, wenn wir einen Rock darüber getragen haben, weil auch das sonst unanständig war.

So war meine Schulzeit und ich glaube heute, dass die ganze Generation der Lehrer:innen kriegstraumatisiert war.

Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen, aber das war eine Schule der Angst. Ich glaube, das war auch ein Grund, warum ich Lehrerin geworden bin, weil ich gedacht habe, dass das doch irgendwie anders gehen muss – Und es geht anders! Ich war aber selber keine angepasste Schülerin und habe da sehr viel Theater gemacht.

Was war als Kind Ihr Traumberuf?

Ich habe mir als Kind nie Gedanken über sowas gemacht, ich wusste nur, was ich nicht werden will: Meine beiden Eltern waren Ärzte und damals gab es ja noch nicht diesen Wochenenddienst, sondern meine Eltern hatten da dann immer für ihre eigenen Patienten Dienst. Das heißt, dass ich schon mit sechs Jahren nervige Patienten am Telefon abwimmeln musste. Ich habe es gehasst, ich mochte nicht lügen und sagen, meine Eltern wären nicht da, wenn die doch da waren. 

Ich hatte immer viel Spaß am Sport, so ist es dann am Ende auch die Sportlehrerin geworden.

In welchen Fächern waren Sie gut und in welchen schlecht?

Ich habe ja eben schon erwähnt, dass ich eher eine Unruhestifterin war. Gut war ich aber in Biologie und Mathe. Ich habe in meinem Jahrgang das beste mündliche Matheabi gemacht. Damals trat übrigens zu mündlichen Prüfungen das gesamte Kollegium an, egal ob fachfremd oder nicht, es waren alle dabei. Man wusste vorher auch nicht, in welchem Fach man letztendlich geprüft wird. Alle Schülerinnen saßen da und dann kamen die Lehrkräfte der verschiedenen Fächer rein und holten die Schülerinnen zur mündlichen Prüfung ab. 

Ich mochte eigentlich auch Englisch sehr gerne, war aber schlecht in Deutsch, weil ich immer fand, dass es die Lehrerin nichts angeht, was ich über bestimmt Sachen denke und dann kann man natürlich keine guten Aufsätze schreiben.

Was machen Sie in Ihrer Freizeit?

Ich mache im Moment jeden Tag eine sportliche Aktivität. Ich fahre viel Rad, ich laufe, ich mache auch viel Gymnastik. Außerdem habe ich jetzt angefangen, zu zeichnen, das wollte ich mein Leben lang schon machen, hatte aber nie genug Zeit dafür. Ich lese sehr viel, gehe gerne ins Kino und bin politisch interessiert. 

Außerdem bin ich im Juli Großmutter geworden, das wird natürlich dann auch einige an Zeit in Anspruch nehmen.

Was ist Ihre Lieblingsfarbe?

Ich habe keine Lieblingsfarbe, ich mag aber insgesamt gerne Farben. Ich finde, Gelb ist eine sehr schöne Farbe, ich mag aber auch Blau.

Was ist Ihr Lieblingstier?

Der Adler!

Das Kippenberg-Gymnasium ist für mich…

… eine sehr gute Schule im bremischen Gesamtschnitt.

Montag morgen…

… ist verzichtbar.

Meine erste Erinnerung an Schule ist…

… ein Disput mit meinem Grundschullehrer darüber, ob der Mond auch da ist, wenn man ihn nicht sehen kann.

Wenn ich durch die Schule gehe,…

… freue ich mich, wie viel gute Schule trotz des bremischen Bildungssystem möglich ist.

In der Mittagspause…

… habe ich immer viel zu tun gehabt.

Tee oder Kaffee?

Kaffee!

Süß oder herzhaft?

Beides.

Hund oder Katze?

Beides.

Kugelschreiber oder Füller?

Es kommt drauf an, wofür. Für manche Sachen finde ich Füller sehr schön, aber fürs schnelle Schreiben finde ich Kugelschreiber wichtig.

Digital oder analog?

Beides.

Wollen Sie den Schüler:innen abschließend noch was mit auf den Weg geben?

Ich glaube, die große Herausforderung für eure Generation ist der Klimawandel, so wie für meine Generation die Bewältigung der Traumata des Zweiten Weltkriegs. Ihr werdet euch vermutlich mit weniger Geld und Ressourcen begnügen müssen und ihr werdet vollkommen andere Formen des Miteinanderlebens erfinden müssen. Da drücke ich euch ganz doll die Daumen, dass das gelingt. Der Politik wird das nur gelingen, wenn eure Generation sich lautstark einmischt, gerade unter dem Eindruck der aktuellen Katastrophensituation mit den Überschwemmungen.