Im Großen und Ganzen ist das französische Schulsystem dem deutschen sehr ähnlich. Im Alter von ca. 3 bis 6 Jahren besuchen französische Kinder die „école maternelle“, danach mit 6 bis 11 Jahren wird die „école élémentaire“ besucht, welche die Klassen 1 bis 5 einschließt. Nach dem Beenden der „école élémentaire“ geht man aufs „Collège“, welches von Klasse 6 bis 9 geht und anschließend wird nochmal die Schule gewechselt, um die Klassen 10 bis 12 zu absolvieren, auf dem „Lycée“. Am Ende der 12. Klasse machen die Schüler dort ihren Schulabschluss, welcher sich in Frankreich „Baccalauréat“ nennt und mit dem deutschen Abitur vergleichbar ist.

Manchmal denkt man sich in Bremen ja, 31 Schüler in einer Klasse? Das ist doch viel zu viel! Aber in Frankreich sind die Klassen an meiner Schule, mit circa 36 Schülern, nochmal größer als bei uns. Außerdem ist das gesamte Schulleben moderner. In jedem Raum befinden sich, anstatt von grünen Kreidetafeln, ein Beamer und ein Whiteboard. Auch das Klassenbuch ist an meiner Schule digital und Schüler können online nicht nur ihren Stundenplan sondern auch ihre Noten sehen.

Der Unterricht unterscheidet sich aber nicht nur darin, dass er digitaler gestaltet wird als in Bremen, sondern auch dadurch, dass die Schüler mehr schreiben müssen. Ein Großteil des Unterrichts besteht nämlich in einigen Fächern darin, dass die Lehrkraft etwas über ein Thema erzählt, häufig unterstützt von einer Art Power-Point-Präsentation, und die Schüler müssen sich Notizen machen, mit denen sie dann auch für die Arbeiten lernen.

Irgendwann hat sich doch jeder schon mal gefragt, wann ist die Stunde endlich vorbei. Und das obwohl eine Schulstunde in Deutschland „nur“ 45 Minuten lang ist. In Frankreich ist eine Schulstunde 55 Minuten lang und manchmal, wenn die Lehrkraft in der Mitte einer Doppelstunde keine Pause macht, sogar 60 Minuten. Da können sich manche Fächer ganz schön in die Länge ziehen. Aber manchmal sind in Frankreich zwei Fächer zu einem zusammengefasst. Zum Beispiel sind Physik und Chemie ein Fach, ebenso wie Geschichte und Geographie oder Gesellschaftswissenschaften und Wirtschaft. Dann macht man zum Beispiel ein Kapitel in Physik und danach ein Kapitel in Chemie. Ebenso haben manche Fächer andere Namen und damit meine ich nicht, dass die Namen auf Französisch sind, sondern dass die Bezeichnung etwas anders ist. Biologie wird zum Beispiel „SVT = Sciences de la vie et de la terre“ (übersetzt Wissenschaften über das Leben und über die Erde) genannt, Sport heißt nicht nur Sport, sondern „Education physique et sport“, was so viel bedeutet wie Physische und Sportliche Erziehung.

Außerdem bewerten die Franzosen anders. Während wir in Deutschland ein Bewertungssystem mit den Noten von eins bis sechs haben, oder in der Oberstufe die Punkte von eins bis fünfzehn, haben die Franzosen 20 Punkte. Dabei sind 20 Punkte das Beste was man erreichen kann, das kommt aber auch nicht so oft vor, also ist es vielleicht vergleichbar mit einer “Eins-Plus-mit-Sternchen”. Das hängt aber, wie in Deutschland auch, sehr stark vom Lehrer ab. Außerdem gibt es nicht zwei Halbjahre sondern drei Trimester, in denen man am Ende mindestens drei Noten haben muss, um einen Durchschnitt zu bilden, welcher am Ende auf dem Zeugnis steht. Das müssen nicht unbedingt drei Arbeiten sein, wie wir sie hier in Deutschland kennen, das können auch kleine Tests, eingesammelte Hausaufgaben, Referate oder eine Mitarbeitsnote sein. Dabei finde ich bemerkenswert, dass die mitarbeits- oder auch mündliche Note nicht verpflichtend ist und auch kaum ein Lehrer diese gibt, wo sie doch bei uns 50 % bis 60 % der gesamten Note ausmachen. Damit am Ende aber eine abgegebene Hausaufgabe nicht genauso viel in den Durchschnitt zählt wie eine Klassenarbeit, die hier “Devoir surveiller” oder umgangssprachlich auch “DS” genannt wird, (was so viel heißt wie “Hausaufgaben überwacht”), bekommt jede Note einen so genannten Koeffizient. Dieser Koeffizient gibt an, wie oft man eine Note in den Durchschnitt einberechnet.

Was ist eigentlich so an den Klischees dran, dass die Franzosen immer von 8:00 Uhr bis 18.00 Uhr Schule und zusätzlich dazu viele Hausaufgaben haben, aber mittwochs nur bis mittags Schule haben? Bis zu einem gewissen Punkt kann ich das sogar bestätigen. Mittwochs hatten alle Schüler beispielsweise nur bis spätestens 14.00 Uhr Unterricht. Allerdings wurden am Nachmittag dann viele Freizeitaktivitäten angeboten, sowohl von der Schule aus, als auch von der Musikschule oder vereinzelten Vereinen. Aber richtigen Vereinssport so wie wir ihn hier kennen, gibt es in Frankreich nicht so oft. Es gibt zwar Vereine, aber dort wird das Training dann meistens nur mittwochs oder samstags angeboten, da die Schüler sonst Schule haben. Viele Freizeitaktivitäten laufen auch über die Schule. Ich persönlich hatte in Frankreich zwar nie bis 18:00 Uhr Unterricht sondern meistens nur so bis 16.00 Uhr, aber das lag daran, dass ich in einer speziellen Musik, Tanz, Theater Klasse war und wir deshalb am Nachmittag oft Zeit hatten. Außerdem hatte ich fast jeden Tag zwei Stunden Mittagspause. Aber tatsächlich haben viele Klassen, gerade in der Oberstufe, teilweise bis 18.00 Uhr Unterricht. Ich denke aber auch, dass sie zwischendurch ab und zu Freistunden haben und häufig auch eine Mittagspause, die länger als nur eine Stunde ist.

Als ich das erste Mal in Frankreich in meine Schule gegangen bin habe ich gedacht, ist das hier eine Schule oder ein Gefängnis? Denn, wie man auf dem Beitragsbild sieht, befindet sich vor der Schule ein großes Gittertor, an welchem Lehrer oder Referendare stehen und überprüfen, ob die Leute, die das Schulgelände betreten auch dazu befugt sind. Um das kontrollieren zu können hat jeder Schüler ein sogenanntes „Carnet“. Das ist ein A5-Heft, welches von der Schule gestellt wird und in welches Abwesenheiten, zu spät kommen und Mitteilungen von Lehrern und Eltern eingetragen werden. Auf dem Deckblatt dieses Heftes stehen der Name der Schule und Daten des Schülers und es ist ein Foto des Schülers aufgeklebt. Später wurde mir erklärt, dass das Kontrollieren nur zur Sicherheit der Schüler dient, da meine Schule direkt im Stadtzentrum liegt und es in der Vergangenheit schon mal zu Unannehmlichkeiten kam. Aber tatsächlich hat man sich nicht wie in einem Gefängnis gefühlt, da es von innen wie eine ganz normale Schule aussieht und man jederzeit das Schulgelände verlassen und betreten darf, solange man sein Carnet hat. Das ist aber auch nicht an allen Schulen so.

Im Großen und Ganzen kann man sagen, dass es in Frankreich gar nicht so anders ist zur Schule zu gehen. Man muss früh aufstehen, man lernt etwas, man schreibt Tests und Arbeiten und muss Hausaufgaben machen… Mir persönlich gefällt in Frankreich besser, dass es etwas moderner ist als in Bremen, was aber auch nicht sehr schwer ist. Trotzdem mag ich die Schule in Bremen lieber, weil es entspannter im Unterricht ist (man muss nicht so viel schreiben) und man hat mehr Zeit für Freizeitaktivitäten.